Baum in Mödling

18.August 2019 in herausfordernd, wichtig !!!

Diese Pappel stand bis vor ein paar Tagen am Gelände des Gymnasiums Keimgasse. Mittlerweile wurde sie für das Bauvorhaben gefällt.

Sie war wohl 70 Jahre alt und fast 30 m hoch. Ich bin kein Baumexperte, aber es war mit freiem Auge kein gelbes Blatt zu sehen – der Baum schien kerngesund.

Das ist von der Pappel übrig geblieben

Diese Fällung ist aus mehreren Gründen ärgerlich: Teresa Voboril als Baustadträtin und ich haben mit der Projektleitung der BIG (Bundesimmobiliengesellschaft) und mit den Architektinnen gesprochen und ersucht, die Pläne noch einmal zu überdenken, sodass dieser markante Baum erhalten bleiben könnte. Immerhin ist es ein Schulbau und da wäre ein Baum in der Dimension sehr wertvoll.

Tatsächlich wurde uns zugesagt, die Situation nochmals zu prüfen und uns das Ergebnis vor (!) dem Setzen von Maßnahmen mitzuteilen.

Leider ist das nicht passiert, sondern die Pappel wurde ohne weitere Information an die Stadt gefällt.

Die Pappel war nicht der einzige Baum, der „entfernt“ wurde. So sieht es jetzt auf dem Gelände des Gymnasiums aus…

Wir woll(t)en davon ausgehen, dass die BIG kein profitmaximierender Immobilienentwickler, sondern auch und ganz wesentlich dem öffentlichen Interesse verpflichtet ist. Leider war das in dem Fall ein Irrglaube.

Wir haben zur Zeit eine noch größere Baustelle der BIG in Mödling: die Bebauung der GZS-Gründe bei der HTL. Und dort klappt die Zusammenarbeit hervorragend. Unter anderem wurde auf Wunsch der Stadt die Garageneinfahrt bei der Reihenhausanlage durch die BIG verlegt, weil dadurch ein paar Bäume gerettet werden konnten. Das war aufwändig für die Architekten und für die BIG sicher teuer. In der Keimgasse geht das offenbar nicht.

Dieses traurige Beispiel wirft aber eine weitere, grundsätzliche Frage auf: ein Grundeigentümer in Mödling kann mit seinen Bäumen zur Zeit machen, was er will. Er muss weder eine Baumfällung anzeigen, noch eine Genehmigung einholen. Wie groß und wichtig für die Umgebung der Baum auch immer sein mag.

In Niederösterreich gibt es – anders als in Wien – kein Baumschutzgesetz. Die BIG hätte mit uns also über die Bäume nicht einmal reden müssen. Im Bauverfahren kamen die Bäume sowieso nicht zur Sprache.

Dabei wird in den öffentlichen Diskussionen zunehmend und breiter bewußt, wie wichtig gerade große und alte Bäume mit ihrer Eigenschaft sind, Schatten und Sauerstoff zu spenden bzw. CO2 zu binden.

In Niederösterreich gibt es keinen gesetzlichen Baumschutz, aber es gibt für Gemeinden die Möglichkeit, im eigenen Wirkungsbereich einen Baumschutz zu verordnen (Verordnungsermächtigung im §15 des NÖ Naturschutzgesetzes). Der damalige GRÜNE Umweltstadtrat Alfred Trötzmüller hat das Anfang der 0er-Jahre versucht und einen Entwurf vorgelegt, der im Gemeinderat leider keine Mehrheit gefunden hat. Ja, natürlich: es wäre ein Eingriff in das Privateigentum der GrundbesitzerInnen. Aber machen wir das nicht in anderen Bereichen auch? Wenn wir zu Recht – neue – Ölheizungen verbieten? Wenn wir über die Bauordnung x Vorschriften zur Ausführung von Bauwerken machen? Wenn wir die Bebaubarkeit eines Grundstücks über den Bebauungsplan auf einen Teil des Grundstücks beschränken?

Ich glaube, dass Bäume immer mehr zu einem unerlässlichen Teil nicht nur städtischer Infrastruktur gehören, sondern das Bild und das Klima eines Ortes nachhaltig prägen. Wenn wir für die großen und im Sinnes des Klimaschutzes so wichtigen Bäume auch auf Privatgrund keine Schutzmöglichkeit finden, werden wir das Stadtklima nicht entsprechend schützen, schon gar nicht verbessern können. Ein Baum ist für seine Umgebung und die Lebensbedingungen wichtig – und nicht nur für seinen Besitzer. Wie auch umgekehrt die Emissionen eines Betriebs nicht nur für den Inhaber relevant sind, sondern auch hier die Auswirkung auf die Umgebung entscheidend ist.

Jetzt werden viele meinen, die Stadt ist bei eigenen Vorhaben auch nicht zimperlich, was die Bäume betrifft. Gerade auch in letzter Zeit wurden im Zuge von Straßenbauprojekten Bäume gefällt.

Tatsächlich ist es natürlich auch bei Projekten im öffentlichen Raum eine Frage der Abwägung. Wenn die Notwendigkeit / Möglichkeit besteht, eine Straße neu zu gestalten, muss bei der Planung auf die öffentlichen (!) Mobilitätserfordernisse geachtet werden – und das bedeutet auch auf die notwendige Verkehrswende hin zum Öffentlichen Verkehr, das Zu-Fuß-Gehen und das Radfahren. Mit dem Neubau einer wichtigen Mobilitätsachse, wie zum Beispiel der Guntramsdorferstraße gestaltet man den Stadtteil für Jahrzehnte. Und man gestaltet auch dessen Grünraum. Tatsächlich werden bei allen Projekten der Stadt letztlich mehr Bäume stehen als vorher. Sie sind vorerst kleiner, aber es werden Sorten gewählt, die besser auf die Umgebung abgestimmt sind als die Bäume, die vor 30, 40 Jahren gesetzt wurden. Und sie werden in 20, 30 Jahren das Bild des Stadtteils und auch dessen Kleinklima bestimmen.

Aber, ja: ich bin sehr dafür, auch den öffentlichen Raum in einen Baumschutz miteinzubeziehen.

Konkret ginge es in einem ersten Schritt vielleicht vorerst nur um die Verpflichtung, das Fällen von Bäumen ab einer gewissen Größe anzuzeigen und dem Antragsteller eine Konsultation durch Baum- und BauexpertInnen vorzuschreiben. (Vielleicht lassen sich Alternativen zum Fällen eines Baums finden.)

Erst in einem weiteren Schritt könnte man die Verpflichtung aufnehmen, für gefällte Bäume Ersatz in entsprechender Dimension zu schaffen.Und natürlich wird man über Sanktionen reden müssen, wenn die Vorgaben nicht eingehalten werden. (€18,- Verwaltungsstrafe werden nicht reichen, Bäume zu schützen.)

Ich bin wirklich und ernsthaft der Meinung, dass wir die Behandlung von Bäumen in der Stadt regeln müssen. Durch eine verpflichtende Baumschutzverordnung wäre jedefalls der Fokus auf den Schutz der Bäume gerichtet – und schon das wäre gut und notwendig.

P.S.: Leider gibt es zur Zeit außerhalb von den Großstädten Wien, Salzburg und Graz nur wenige Beispiele für umgesetzte Baumschutzverordnungen: Kapfenberg, z.B. hat eine solche 2014 beschlossen.

Ich würde mich über Ihre Meinung zu dem Thema freuen!

4 Kommentare Kommentieren

Kommentare

  1. Die Stadt Graz hat seit 1995 eine Baumschutzverordnung,
    die Stadt Salzbung seit 1992 (die auch im Salzburger Landes-Naturschutzgesetz 1999 verankert wurde).
    Das Wiener Baumschutzgesetz aus 1974 ist sehr rigid und hat oft den Effekt, dass auf Privatgrundstücken keine Bäume gepflanzt werden oder vor dem Erreichen des „kritischen“ Stammumfangs entfernt werden.
    Aber Lösungen ähnlich wie in Graz oder Salzburg wären auch für Mödling sinnvoll.

    Alfred Trötzmüller, 18/08/19 04:38

  2. Gescheiter Beitrag, wie ich finde. Fände das auch erstrebenswert, wenn wir so eine Verordnung beschließen könnten. Vielleicht sollten wir im Gemeindebund mal nachfragen, was die denn so darüber wissen / denken. Nur als IMpetus für den Gemeindebund und / oder auch als INput für uns, vielleicht gibt’s ja doch noch woanders welche Verordnungen.

    PS Du schreibst: „Ein Baum ist für seine Umgebung und die Lebensbedingungen wichtig – und nicht für den seinen Besitzer.“ Ist das ein „den“ zu viel?

    lgK

    Klaus, 18/08/19 08:38

  3. Baumschutz ist ein wichtiges Thema und sollte geregelt werden. Wenn das Thema breit diskutiert wird, vielleicht grätzelweise mit den Hausbesitzern/Baumbesitzern kommen auch Gegenargumente die berücksichtigt werden müssen. Leider sehen viele Österreicher Bäume als Problembringer: Blätter fallen in Pools, Kastanien auf Autos, Beschattung des Nachbargrundstückes, etc.
    Problematisch sehe ich, dass bei der Einführung eines Baumschutzes ab einer gewissen Grösse/Alter, Bäume gefällt werden bevor sie dieses Alter erreichen können.
    Baumersatzpflanzung: Leider sieht man ja deutlich dass sich die Umweltverhältnisse für Jungbäume drastisch verschlechtert haben, die Ausfallsrate ist hoch. Und bis 5 Jungbäume die Blätteranzahl eines Alten erreicht haben vergehen einige Jahre.
    P.S.: Im P.S. wird eine Bauschutzverordnung erwähnt, fehlt hier das „m“ von Baum?
    lg
    Anton

    Anton, 19/08/19 06:40

  4. Ja, wir sind in Perchtoldsdorf auch schon hart an dem Thema dran, unser Bürgermeister sträubt sich allerdings noch ein bisschen. Aber wir müssen da was machen, bleiben wir bitte deswegen im Gespräch!

    Christian Apl, 22/08/19 07:30

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