Neuer Gemeinderat gewählt
Meine Rede zur Wahl des Bürgermeisters am 29.2.2020

Werte Gäste, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Bürgermeister, ich gratuliere namens der GRÜNEN zur erneuten, der 5. Wahl zum Oberhaupt der Stadt.
Wir GRÜNE wurden nun schon zum 2. Mal vor dem Hintergrund unserer Arbeit in der Stadtregierung von den Wähler*innen der Stadt mit einem deutlichen Plus an Vertrauen versehen. Das freut uns sehr und ist eine Bestätigung für die Art, wie wir unsere Aufgaben wahr genommen und auch, wie wir mit den Bürger*innen kommuniziert haben.
Unser Koalitionspartner während der vergangenen 10 Jahre, die ÖVP hat 3,3% verloren – aus welchem Grund immer, ist aber immer noch stark genug, sich einen Partner auszusuchen. Auf Grund der Entwicklungen der vergangenen beiden Wahlen war es nicht unerwartet, dass sich die ÖVP den leichteren Partner – die SPÖ – sucht, zumal auch die Sozialdemokraten weiter (1,9%) verloren hat.
Zusammen bringt diese “früher groß genannte Koalition” also ein Minus von 5,2% in die Zusammenarbeit ein. Ein Nimbus, der der Koalition wohl 5 Jahre anhaften wird.
Das alles ist legitim und entspricht den Spielregeln der repräsentativen Demokratie. Es ist kein Grund, sich zu beklagen – und der Wähler*innenwille betreffend die Zusammensetzung der Stadtregierung ist eine relativ unbestimmte Sache; den kann man bei Gesprächen auf den Straßen abfragen, aber der wurde bei der Wahl am 26.1. nicht abgefragt.
Interessant ist jedoch die Begründung für das Auswechseln des Koalitionspartners durch die ÖVP, nachdem während der vergangenen 10 Jahre kein Ärger aus der Koalition nach außen drang: dass ich vor dem Wahltag nach einer Koalition außerhalb bzw. in Umgehung der ÖVP gearbeitet hätte. Ich sage hier nochmals und das letzte Mal: es hat vor der Wahl kein einziges Gespräch von mir mit den Verantwortlichen von NEOS oder SPÖ gegeben / kein einziges Wort. <Frage an Silvia Drechler (SPÖ) und an Andreas Stock (NEOS), ob es solche Gespräche gab: das wurde von beiden verneint>. Das sollte damit vom Tisch sein und wer anderes behauptet, der redet bewußt die Unwahrheit.
Aber dass dieser Vorwurf ausgerechnet von der ÖVP kommt, ist bemerkenswert, denn solche taktischen Spielchen sind ja vor allem Repertoire der ÖVP und das lernt man in der Parteiakademie wahrscheinlich beim Einführungsseminar vor der ersten Kaffepause: das Erringen von Macht um jeden Preis und besonders auch gegen Bürgermeister*innen, so weit sie keine Absolute haben (Kaltenleutgeben + Vösendorf 2020, Wr. Neudorf + Wr. Neustadt 2015, nicht zu vergessen Schüssel 1999). Aber vielleicht kann sich die ÖVP deshalb einfach nicht vorstellen, wie man nicht so denken kann. Nein, wir denken nicht so: bei uns geht´s nicht um Macht an sich, sondern um Spielraum zur Gestaltung (der Bürgermeister nennt das “Detailverliebtheit”).
Wir haben in keinster Weise taktiert, im Gegenteil: unsere Ansage gegenüber der ÖVP war seit dem Sommer des Vorjahres, dass wir gern weiter zusammen arbeiten und dass wir uns – wie 2015 – nach der Wahl zusammen setzen und eine sachliche Grundlage finden wollen.
Allerdings: Blanko-Vereinbarungen gibt es mit uns nicht. Nicht, wie 2005 mit der SPÖ, wo am Wahlabend zum Gaudium der Medien auf einem leeren Blatt die Koalition unterschrieben wurde. (Wie die ausgegangen ist, wissen wir aber eh: mit einem finanziellen und einem Desaster in der Zusammenarbeit.)
Natürlich muss man den Inhalt einer Vereinbarung aushandeln und – natürlich – wären die Wünsche der GRÜNEN nach der Wahl größer gewesen.
Aber um den Verlust bei der Wahl selbst zu kaschieren, wurden zwei Entscheidungen getroffen und werden uns heute zur Abstimmung vorgelegt. Ich finde sie abenteuerlich:
Zum einen wird der Stadtrat aufgestockt. Bisher gab es 12 Stadträte, nun erstmals in Mödling 14! Eh klar, warum: den 14. Stadtrat erhält die ÖVP, die damit im Stadtrat ihre 6 Positionen behält.
Das war übrigens auch der Grund, weshalb die ÖVP 2015 die Aufstockung auf damals 12 betrieben hat: das war nämlich auch nach der damaligen Wahlniederlage wieder der 6. Stadtrat der ÖVP. Im Stadtrat hat´s also nie einen Verlust der ÖVP gegeben.
Das nächste Mal wird das nicht mehr gehen: mehr als 14 sind nicht mehr möglich – so lange nicht das Gesetz geändert wird.
Zum anderen gibt es nun wieder 3 Vizebürgermeister. Da die ÖVP unbedingt einen Vize möchte, kann es nur der 3. sein. (Das war auch so nach der Wahl 2010.) Das ist der ÖVP wichtig, weil – Ihr kennt das – bei offiziellen Anlässen, insbesondere mit einer großen Zahl von Anwesenden der ÖVP-Vize als einziger Vize genannt wird, wie zuletzt auch beim Neujahrsempfang und beim Faschingsumzug.
Das schaut dann so aus, als wenn die ganze Stadt von der ÖVP allein regiert würde.
Diese kleine Kosmetik kostet natürlich Geld: zusätzlich jährlich rd. €40.000,- ergibt über 5 Jahre €200.000,- im Vergleich zur bisherigen Besetzung. Von diesen zusätzlichen Ausgaben hat niemand etwas – außer die ÖVP. (Anmerkung sei erlaubt: wir hatten auf unserer Agenda für Verhandlungen mit der ÖVP heuer den Wegfall schon des 2. – unnötigen – Vizes).
Aber trotz dieser Schönheitsfehler: ich wünsche der neuen “früher groß genannten Koalition” eine gute Hand für die Lösung der anstehenden Aufgaben.
Und deren sind viele. Im Bereich der ÖVP “liegen” mehrere unerledigte Aufgaben:
- endlich eine Lösung für das Stadtbad, diesen Klotz am Bein der Stadtfinanzen mit jährlich €1,3 bis €1,4 Mio Zuschussbedarf für den operativen Betrieb – ohne wesentliche Ersatzinvestition.
Da ist mehr als 5 Jahre nichts weiter gegangen, außer jetzt den Leiter seines Amts zu entheben: das war aber ohnehin klar, weil mit seinem Ausscheiden aus dem Gemeinderat natürlich auch seine Jobgrundlage weggefallen ist. - die offene Baustelle des Gemeindeamts. Auch hier herrschte 5 Jahre Totenstille. Mittlerweile ist das Gemeindeamt der Bezirkshauptstadt das unpraktischste, bürgerinnenunfreundlichste, am wenigsten barrierefreie im Bezirk. Das Gebäude des alten Finanzamts, das wir vor mehr als 7 Jahren gekauft hatten, mit dem Ziel, eine Erweiterung des Gemeindeamts darstellen zu können, vergammelt statt dessen in der Rolle einer Rumpelkammer für die Gemeinde-Administration.
- die Eislaufhalle als Dauerthema in der Kategorie “ewige Gedankenspiele”. Jetzt scheint es doch wieder eine Lösung am Gelände der Schulsportanlage (Traglufthalle) zu werden, aber auch das war schon vor Jahren einmal aktuell.
Wir GRÜNE sind dafür, den Menschen und besonders der Jugend in Mödling eine technisch ausgereifte, dem Wetter angepasste, aber gleichzeitig energieoptimierte Möglichkeit zum Eislaufen anzubieten.
Wie wir die kolportierten 3 Mio aufbringen sollen, wie, von wem und zu welchen Kosten der Betrieb gewährleistet werden kann, steht für uns in den Sternen. Wie für´s Gemeindeamt wurde auch für eine Eislaufhalle keine nennenswerte Rücklage gebildet. - die Verkehrslösung am Bahnhofsplatz steht dringend an, auch nachdem immer klarer wird, dass die Südbahn 4-gleisig ausgebaut wird und der Bahnübergang im Zug der Schillerstraße jedenfalls nicht mehr niveaugleich bestehen bleiben kann. Eine Unterführung muss eine neue Einbindung in Richtung Bahnhofsplatz bekommen – ein Jahrhundertprojekt, wenn man es nicht verschläft. Da wird Kreativität, Weitblick, Denken in Zuammenhängen und Professionalität gefragt sein.
Ich wünsche der neuen “früher groß genannten Koalition” auch für die Lösung dieser Aufgaben ein gutes Gelingen. Und für gute Vorschläge werden wir auch in unserer neuen Rolle zu haben sein: als Unterstützung bei den Beschlüssen und in der Vertretung nach außen.
Ich hoffe aber, dass wir nicht wieder nach Ende der 5 Jahre zusammen räumen müssen, wie 2010.
Damals stand nicht nur die Stadt finanziell mit dem Rücken zur Wand, sondern mussten wir im Zug der Übernahme von Funktionen feststellen, dass der Geschäftsführer der Mödling Wohnen Gmbh, der nach guter alter Tradition der “früher groß genannten Koalition” der Klubsprecher der SPÖ war, sich erstens selbst mit mehreren Zehntausend EUR aus der Kasse der GmbH bedient hat (die er dann sofort zurück gezahlt hat), sondern auch eigenmächtig einen Vertrag zwischen seinem Arbeitgeber, der HYPO NÖ und der Mödling Wohnen GmbH abgeschlossen hat, den berühmten SWAP, der die Stadt letztlich gut €2 Mio ohne irgend einen “Benefit” für die Stadt gekostet hat.
Wenn jetzt jemand in der ÖVP glaubt, ob dieses Beitrags eines hohen SPÖ-Funktionsträgers feixen zu können, den erinnere ich daran, dass alle diese Umstände erst aufgefallen sind, als wir uns die Bücher angesehen haben, weil mehr als 2 Jahre keine Generalversammlung stattgefunden hatte. Die war mit Bürgermeister, Vize + Finanzstadtrat, also Hintner, Holzmann und Rubel besetzt und hätte die Pflicht gehabt, zumindest jährlich zu tagen und den Geschäftsführer zu kontrollieren.
Eine Forderung der GRÜNEN in den damaligen Koalitionsverhandlungen war die Einrichtung von Aufsichtsräten bei allen GmbHs, was seither für eine gewisse Ruhe in den Gesellschaften gesorgt hat.
Also werden solche Entwicklungen wie vor 2010 bei Mödling Wohnen hoffentlich der Geschichte angehören.
Die neue “früher groß genannte Koalition” wird heute angelobt und uns wurde die Rolle der Opposition zugewiesen, wie auch den erfreulicherweise diesen Gemeinderat bereichernden NEOS.
Wir werden mit all unserer Erfahrung und unserem Wissen, aber auch dem Engagement eines nach der Wahl vom 26.1. gestärkten Teams die uns zugewiesenen Ressorts professionell verwalten und die Rolle der Opposition gewissenhaft, kompetent und konsequent ausführen. Wir sind dabei unseren Grundsätzen und den Wähler*innen verpflichtet und sonst niemandem: keineR von uns hat einen Job bei der Gemeinde (was ich ohnehin immer schon für bedenklich halte, Arbeitgeber- und Arbeitnehmerfunktionen in einem zu bekleiden), keineR von uns hat irgendwelche wirtschaftlichen (Auftrags-)Verhältnisse mit der Gemeinde, wir haben keinen Bauträger in der Hinterhand, der uns hindern würde, die Regierung konsequent zu kontrollieren. Wir sind – wie gesagt – ausschließlich unseren Wähler*innen verpflichtet und wir werden das genau so halten.
Der “früher groß genannten Koalition” wünsche ich, dass wir keinen Anlass zur Kritik bekommen.
Insgesamt hoffe ich aber, dass auch die kommenden Jahre zum Wohl der Stadt und ihrer Bürger*innen verlaufen werden und wünsche den Verantwortlichen im Namen der GRÜNEN viel Glück und gutes Gelingen zum Wohle unserer Stadt Mödling.