Eishalle in Mödling: ja, aber nicht so!

5.Juli 2020 in jenseits, sehr ärgerlich, wichtig !!!

Seit Jahren wird in Mödling über einen / den Eislaufplatz geredet.

Der jetzige Platz im Stadtbad ist technisch und funktional völlig ungenügend: Die Kühlschläuche liegen z.T. 75cm unter der Oberfläche. Um an der Oberfläche Minustemperaturen zu erzeugen, muss das Erdreich dazwischen entsprechend gekühlt werden, was enorme Enegiekosten mit sich bringt. In Zeiten des Klimawandels wird es nicht oft so kalt, dass sich das Eis selbst „erhält“: man muss ständig kühlen. Bei Außentemperaturen über 10°C und ggf. auch Regen ein aussichtsloses Unterfangen.

Deshalb gibt´s manchmal auch im Winter kein Eis.

Seit Jahren werden Überlegungen angestellt: entweder den Eislaufplatz zu modernisieren, zu verlegen – oder endgültig zu schließen (wie es in Baden 2010 gemacht wurde).

Ein besonderer Anstoß in diesen Diskussionen waren die Verhandlungen mit Interessenten für den Betrieb des Stadtbads, die den Eislaufplatz gern für die Erweiterung der Wellnessbereiche im Bad genutzt hätten. (Die Gespräche damals haben sich 2015 zerschlagen).

Die Betonfläche mit den darunter liegenden Kühlrohren wird im Sommer als Liegefläche genutzt (mäßig einladend…).

So wird also seit ca. 5 Jahren intensiver über Lösungen für das Eislaufen nachgedacht.

Zuerst wurde über eine Modernisierung am aktuellen Standort nachgedacht. 2017 war man schon fast so weit: eine Tiroler Firma, die u.a. auch den Wiener Eistraum ausstattet, sollte eine mobile Eisfläche ins Stadtbad liefern: wie ein Rollrasen würde der Untergrund für das Eis auf der Betonfläche im Bad aufgelegt. Die Schläuche mit dem Kühlmittel liegen dabei – wie bei einer Fußbodenheitzung – unmittelbar unter der Oberfläche, womit die Energie optimal genutzt werden kann. Man war damals schon sehr weit (Kosten wären einmalig rd. €350.000,- für den Anlauf der mobilen Eisfläche gewesen), die Realisierung ging sich dann aber für die anstehende Saison zeitlich nicht mehr aus. Im Jahr darauf wurde das Vorhaben nicht mehr aufgegriffen.

Eine Frage war auch noch die Überdachung. Denn wenn´s regnet, hilft auch eine effizientere Eiserzeugung nicht: das Eis rinnt davon.
Ein Dach über einer Eisfläche im Stadtbad ist aber auf Grund des verfügbaren Platzes und auch wegen des Denkmalsschutzes sehr schwierig.

Also wurde immer öfter ein neuer Standort ins Spiel gebracht. Ideal schien das Areal der Schulsportanlage.

Statt des Fußballfelds zwischen der Thomaschule und der Südbahn soll die Eishalle errichtet werden.

Zum einen ist dort Platz, und – mit einigem guten Willen – könnte man die Garderobe-Infrastruktur der Dreifachturnhalle nutzen.

In der Stadtregierung wurde das Thema wieder und wieder diskutiert.

Der (warum eigentlich?) zuständige Finanz-Stadtrat Rubel kam immer wieder mit Plänen eines ihm sympatischen Planungsbüros. Letztlich war man bei €10 Mio Planungskosten. Die Hoffnung war, dass sich Bund und Land mit jeweils 1/3 beteiligen würden. Woher wir in Mödling das Geld für den Eigenanteil von immerhin €3 Mio nehmen sollten, hat sich mir nie erschlossen. Das Projekt wurde aber ohnehin fallen gelassen, weil es weder von Bund noch vom Land die nötigen Zusagen gab.

Als Vize war mir dieses Vorgehen ein Dorn im Auge: übertrieben groß, wahnsinnig teuer und damit unrealistisch. Ich habe selbst nach Eislaufplatz-Planern in Österreich gesucht und fand eine Firma in Böheimkirchen. Diese wiederum hatten Kontakte zu einem Sportplatzbetreiber und so kam es zum Vorschlag einer Zelt-Eishalle, wie sie in Russland offenbar vom Band produziert und x-fach installiert wird. Im Sommer 2016 wurden Pläne vorgelegt, die Baukosten von rd. €3,5 Mio vorsahen, aber auch ein Betreiber- und sogar ein Finanzierungs-Konzept beinhalteten. Eine Kaufmietvariante hätte die Stadt lt. damaligem Angebot rd. €350.000,- im Jahr gekostet. Bürgermeister und Finanzstadtrat ließen sich das Projekt vorstellen, haben es aber gleich verworfen: zu wenige Sitzplätze, zu wenig imposant – und außerdem der falsche Planer…

Am vergangenen Freitag, 3. Juli wurde dem Gemeinderat in Form eines Dringlichkeitsantrags – also ohne Behandlung in einem Ausschuss – die Errichtung einer Eishalle zur Abstimmung vorgelegt.

Ich halte diesen Antrag für das Sinnbild einer schludrigen Planung, für ein Beispiel eines unprofessionellen Vorgehens – und für die Quelle kommenden finanziellen, aber auch (vergabe-)rechtlichen Unglücks:

  • Die Planung stammt von dem Lieblings-Planungsbüro des Finanzstadtrats. Die Frage nach dessen Erfahrungen mit Sportanlagen, speziell mit Eislaufanlagen und entsprechenden Referenzen blieb unbeantwortet.
  • An Stelle einer differenzierten Kostenschätzung wurde ein Betrag von €4,500.000,- angegeben. Ohne irgendwelche Indizien, wie dieser Betrag ermittelt wurde. (Für die Kenner der Branche: es gibt eine ÖNORM B1801, nach der Kostenschätzungen detailliert zu erfolgen haben – davon keine Spur).
  • Fast noch wichtiger als die Errichtungskosten sind für ein derartiges Projekt die laufenden Kosten und der Betrieb generell.
    Die Gemeinderäte bekamen als Entscheidungsgrundlage eine Zahl für den jährlichen Betriebsaufwand vorgelegt: €38.000,- / Jahr.
    (Leider wurde mit keiner Silbe erwähnt, was in dieser Summe enthalten ist: Energie? Reinigung? Laufende Reparaturen? Personal?).
    Dass es sinnvoll wäre, vor dem Bau einen Betreiber zu suchen, um mit diesem auch Details des Ausbaus zu besprechen, scheint nahe zu liegen. Leider gibt es dafür bis dato keinerlei Überlegungen (!).
  • Zur Frage der Energiekosten wurde lapidar festgestellt: „Eine Massivhalle ist energieeffizienter“. Keine weitere Erläuterung.
  • „Aus der Abwärme der Kältemaschinen ist eine Wärmerückgewinnung möglich“ und auf dem Dach „kann eine Photovoltaik-Anlage … errichtet werden“. Nett zu erfahren, aber ist das jetzt geplant, wie sehen die Energieanlagen aus, sind sie in den Kosten enthalten, welche Menge an Energie wird geliefert?
    Fehlanzeige.
  • Auch ein Thema: der Eislaufplatz hat im Energiehaushalt des Stadtbads eine bestimmte – wichtige – Rolle: im Winter wird die während der Eiserzeugung entstehende Wärme im Stadtbad genutzt.
    Die Frage scheint logisch, wie sich der Wegfall des Eislaufplatzes im Stadtbad auf die dortige Energiesituation auswirkt. Oder ist das unwichtig?
  • Der am Freitag mit den Stimmen von ÖVP und SPÖ beschlossene Antrag sieht nun einen Auftrag an besagtes Planungsbüro zur Durchführung eines „Vergabeverfahrens der einzelnen Gewerke“ vor.
    Das bedeutet, dass die Planung so weit fortgeschritten ist, dass Maurer, Elektriker, Fliesenleger usw. ausgeschrieben werden können.
    Von einem derartig detaillierten Plan hat im Gemeinderat niemand etwas gesehen.
  • Ein derartig massives Gebäude, noch dazu im unmittelbaren Stadtgebiet sollte unserer Meinung nach einem Gestaltungs-Wettbewerb unterzogen werden. Und im Jahr 2020 wäre eine gewisse Form der Bürgerbeteiligung aus unserer Sicht angebracht. Fehlanzeige!
  • Und zuletzt: es gibt zum Zeitpunkt des Beschlusses des Gemeinderats keine Zusagen, weder von Land, noch vom Bund über Kostenbeteiligungen. Dennoch gibt die Stadt in Summe €166.000,- für die Einreichplanung die die Ausschreibung der Gewerke aus.
    Über die Finanzierung der Errichtungs- und der Betriebskosten durch die Stadt keine Angaben.

Vor 2015 war das Desaster der Sporthalle Multiversum in Schwechat Top-Thema der Landespolitik. Fehler in der Planung und massive Kostensteigerungen, sowie unrealistische Annahmen zum laufenden Betrieb wurden in mehreren Berichten des Rechnungshofs penibel aufgelistet – letztlich kostete dieser Skandal dem SPÖ-Bürgermeister seinen Job – und der SPÖ ihre absolute Mehrheit bei der Gemeinderatswahl 2015.

Einer von vielen Kritikpunkten des Rechnungshofs war, dass der Gemeinderat der Stadt Schwechat das Projekt (2007) absegnete, obwohl nur ein „erster Entwurf eines Businessplans“ vorlag, der sowohl eine Risikenanalyse als auch Personalkosten und einen Finanzierungsplan missen ließ (zitiert aus „Die Presse“ vom 5.6.2014).

Der Beschluss zur „Errichtung einer Eishalle“ am 3. Juli 2020 im Mödlinger Gemeinderat enthält – überhaupt nichts davon. Nicht einmal irgendeine glaubwürdige Ziffer zu den Baukosten, keine Information zum Aussehen, zur Nutzung – eigentich garnichts.

In der Sitzung wurde von unterschiedlichen Rednern von GRÜNEN, NEOS und FPÖ 4 mal der Antrag auf Rückstellung (also Absetzung) gestellt. SPÖVP haben ihn 4 mal abgelehnt.

Genehmigt wurde der Antrag mit den Stimmemn der schwarz-roten Stadtregierung. Die beiden treten auf wie in den 60er-Jahren: selbstgefällig und unfähig zu einer vernünftigen Auseinandersetzung.

3 Kommentare Kommentieren