Abschied vom Gemeinderat

23.August 2020 in gestern & heute, GRÜN, persönlich

Vor zwei Tagen habe ich mein Mandat im Mödlinger Gemeinderat zurückgelegt. Ich war ohne Unterbrechung 25 Jahre Mitglied des Mödlinger Stadtparlaments (in Summe sogar 27 Jahre), davon 10 Jahre als Vizebürgermeister.

Wir hatten ja einen großen Erfolg bei der Wahl im Jänner und waren so stark wie nie. Trotzdem (wohl eher: deshalb) haben die beiden Wahlverlierer ÖVP+SPÖ die neue Stadtkoalition gebildet und uns GRÜNEN keinen wesentlichen Gestaltungsspielraum mehr zugestanden.

Das ist dann doch so etwas wie eine Zäsur und eine gute Gelegenheit, den – ohnehin angedachten – Generationswechsel zu vollziehen.

Aber ja: es ist schon ein Einschnitt. Tatsächlich hat sich fast die Hälfte meines bisherigen Lebens um das politische Geschehen in meiner Stadt gereht. Ich bin (war) es gewohnt, jeden kaputten Mistkübel in der Stadt wahrzunehmen – und dem zuständigen Beamten weiter zu melden. (Das ist ein bissl eine Sucht und ist mir auch in Berlin oder anderswo so gegangen: eine kurze Sekunde lang zu denken, wer einen Übelstand beheben könnte, auch wenn man ganz wo anders ist.)

Es ist schon eine Menge passiert in den Jahren (irgendwann – „in der Pension“ – mach ich einmal eine Ausstellung über 30 Jahre Mödlinger Politik): 1990 hat sich ein Haufen von Leuten gefunden, die sich bis dahin nur indirekt gekannt hatten – über die AKW-Bewegung, Uni-Politik, SJ oder was immer – und als „GRÜNE Alternative – Bürgerinitiative Gemeinderat“ – kandidiert. Trotz minimaler Vorbereitung waren wir sicher, einen großen Erfolg feiern zu dürfen (wir hatten damals noch wenig Ahnung von den Mühen der Ebene der Politik). Aber es wurde grad einmal ein Mandat. Und zufälligerweise (wirklich, das war Zufall) war ich Nummer 1 auf der Liste und damit als einziger dieses bunten Haufens im Gemeinderat. Wir waren und ich war so unvorbereitet, dass ich am Tag der konstituierenden Sitzung zuerst den Sitzungssaal und damit meinen Platz im Statdparlament finden musste.

1995 gründeten wir dann die GRÜNEN Mödling als eigenständige Partei, die wir nach wie vor sind; anders als viele Gruppen, die sich der Einfachheit halber als Teilorganisationen der Landespartei konstituiert haben.

Wir haben uns damals natürlich auch schon mit dem Verkehr beschäftigt, uns aber z.B. konkret auch für die Mülltrennung eingesetzt (das war damals noch nicht „gegessen“!). Es gab nicht viel, mit dem wir uns tatsächlich durchgesetzt haben, obwohl der damalige Bürgermeister uns eigentlich immer fair behandelt – aber halt natürlich nicht ernst genommen hat.

Einen bis heute sichtbar bleibenden Effekt hatte unser Antrag vom Oktober 1996 auf Errichtung von Stiegenabgängen von der Bahnbrücke zu den Bahnsteigen. Die wurden dann relativ bald gebaut – und sind heute nicht mehr wegzudenken.

Aber auch als GRÜNE Gruppe ist´s von 1995 immer stufenweise aufwärts gegangen. 2000 hatten wir den ersten (Umwelt-)Stadtrat – Alfred Trötzmüller. Und 2010 waren wir dann so stark, dass wir mit der ÖVP eine Koalition gebildet haben.

Dazwischen lagen viele Vorhaben, manche erfolgreich, aber auch manch leere Kilometer. Viele Kolleg*innen, die mit uns ein Stück des Weges gegangen sind. Aber nicht nur Wahlerfolge haben wir gesammelt, sondern vor allem auch Erfahrung. Und wenn wir Verantwortung übernommen haben, gab es dort bis heute nie (!) irgendeinen Skandal, irgendeine auch nur Vermutung, dass unsauber vorgegangen wurde, keinen Rechnungshofbericht über eines der GRÜNEN Projekte in der Stadt. Und – was für ÖVP und SPÖ undenkbar ist: auch in den 10 Jahren, in denen wir in der Stadt „am Ruder“ waren, wurde kein einziges Parteimitglied auf irgend einen Posten der Stadt gehievt. (Heute sind 4 der 6 Abteilungsleiter Funktionsträger- oder zumindest Kandidat*innen der ÖVP, aber auch zwei Gemeinderäte der SPÖ sind Mitarbeiter der Stadt.)

Rückblickend bin ich schon ein bissl stolz auf die Arbeit in diesen Jahren: Ich glaub´ wir haben viel in der Stadt gestaltet, zum Besseren entwickelt, wir haben zunehmend Vertrauen der Menschen gewonnen und wir haben – gerade in den letzten Jahren – mit Ideen und Umsetzungen im Kreis der Städte in Österreich – aufgezeigt und Mödling in manchen Belangen einen guten Ruf verschafft. Das gilt sowohl im Bereich der Stadtplanung, als auch bei Fragen der Mobilität, Energie, Umwelttechnik. Mödling begann, für fortschrittliche, interessante Lösungen bekannt zu werden.

Aber Mödling war auch die erste Stadt in Österreich, in der für Opfer des Nationalsozialismus „Stolpersteine“ verlegt wurden. Auch darauf bin ich stolz.

Ich werd´ nächstes Jahr 70. Damit wäre ich in China reif für die Jugendorganisation der KP :-), aber das ist in Wirklichkeit schon ein Alter, in dem man ernsthaft darüber nachdenken sollte, Jüngeren nicht den Platz zu verstellen.

Es gibt bei den GRÜNEN Mödling eine große Zahl von g´scheiten, professionellen und ambitionierten Kolleg*innen, die mich optimal vertreten werden.

Ich selbst bleib´ noch Sprecher der Mödlinger Partei und wurde überdies erst vor kurzem zum Sprecher der Bezirks-GRÜNEN gewählt. Und darüber hinaus bemüh´ ich mich, den Vorstand des Weltladens und der NÖ Radlobby zu unterstützen. Und wahrscheinlich wird mir noch etwas einfallen…

Interview in der GRÜNEN Stadt

Bei der Verlegung des ersten Solpersteins 2006

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Wichtige Petition zum Waldschutz

1.August 2020 in GRÜN, konkret



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