"Cylophobie": gibt´s das? In Mödling schon!

30.Mai 2021 in ärgerlich

Seit Wochen läuft eine große Umfrage „Mödling gut zu Fuß“, wobei die Bevölkerung nach Schwachstellen und Behinderungen im Fußwegenetz gefragt wird. Ziel sind Verbesserungen für FußgängerInnen, die sukzessive in die Planungen und Straßenbaumaßnahmen einfließen sollen. Das ist gut so!
Mitte Mai gab es im Rahmen dieses Projekts eine Vor-Ort-Begehung am Bahnhofsplatz.
Die NÖN (2021#21, s. 10 + 11) berichtete. Dabei wurde auch der Bürgermeister zu dem Vorhaben befragt.

Hier seine Antwort zum Thema „Zu-Fuß-Gehen in der Stadt“:

Als Bürgermeister einer Stadt, die den mit höchsten Anteil an RadfahrerInenn in Niederösterreich hat (und der darüber froh sein sollte); in einer Zeit, in der selbst das Land NÖ die Förderung des Radfahrens zu einer Aufgabe mit höchster Priorität erklärt, lässt der Bürgermeister keine Gelegenheit aus, gegen das Radfahren zu polemisieren.

Er hat keine Perspektive für die Stadt und kein Verständnis für die Entwicklungen (und Notwendigkeiten) der Zeit. Schade.

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Parkraumbewirtschaftung - auch in Wien

27.Mai 2021 in ärgerlich, wichtig !!!

Vor kurzem hat die Wiener Stadtregierung bekannt gegeben, dass ab 2022 in Wien flächendeckend der Parkraum bewirtschaftet wird. Überraschung? Keine.

Erstens stand die entsprechende Ankündigung schon im rot-pinken-Regierungsprogramm. Aber onehin ist die Regulierung des ruhenden Verkehrs eine der großen Herausforderungen einer verantwortungsvollen Mobilitätspolitik. Es geht ja nicht nur um die vom fossilen Verkehr (mit-)verursachten Klimaprobleme: wir haben uns ja offenbar an das Paradoxon gewöhnt, dass die Städte mit Autos zugeparkt sind, diese aber im Schnitt weniger als 1 Std. am Tag genutzt werden. Und so blockieren diese „Stehzeuge“ wichtigen Lebensraum in der Stadt und verunmöglichen eine Gestaltung des Lebensraum der BürgerInnen.

Beim Parkraum in Wien geht es aber natürlich auch um den Pendlerverkehr: täglich – jedenfalls vor Corona – kommen gegen 300.000 Menschen per Auto zur Arbeit nach Wien und interessanterweise besonders viele aus dem Süden. Trotz meist guter ÖV-Versorgung entlang von Südbahn, Badner Bahn und auch der Pottendorfer Linie kommen immer noch rd. 80% der PendlerInnen aus dem Süden mit dem Auto in die Hauptstadt. Das ist eine massive Belastung der Stadt, wogegen ein „Kraut“ hilft: die Parkraumbewirtschaftung. Es gäbe auch eine Citymaut, die aber von der SPÖ abgelehnt wird. Ich finde es völlig logisch und eigentlich eine Frage der Verantwortung der Wiener Stadtregierung, die tägliche Flut des Individualverkehrs nach Wien zu regulieren. Natürlich hilft eine Reduktion des Pendelns mit dem Auto auch der Klimabilanz, was die Maßnahmen zusätzlich vernünftig macht.

Ja, Maßnahmen der Stadt haben Auswirkungen auf die Menschen, die nach Wien pendeln und ja, es gibt Auswirkungen auf die Nachbargemeinden, weil wahrscheinlich einige PendlerInnen bis knapp außerhalb der bewirtschafteten Zonen fahren und das bedeutet bei der angekündigten Vorgehensweise eine Belastung der Gemeinden an der Stadtgrenze.

Darüber sollten die betroffenen Gemeinden schon längst nachgedacht haben. Haben die meisten tatsächlich: Vösendorf und auch Perchtoldsdorf sehen in den Ortsteilen nahe der Wiener Stadtgrenze lt. NÖN (Ausgabe 19/2021, s. 20) ebenfalls Kurzparkzonen vor. Das ist vernünftig und legitim.

Anders Mödling. In der besagten Ausgabe der NÖN spricht Bürgermeister Hintner von einem „unfreundlichen Akt“ seitens der Stadt Wien. Kein Wort von vorausschauenden Planungen, wobei Mödling wegen der Entfernung von der Landesgrenze kaum von Verdrängungseffekten betroffen sein würde. Aber es wäre schon naheliegend, darüber nachzudenken, wie die PendlerInnen aus der Region um Mödling besser und schneller zum Bahnhof und damit zu den ÖV-Verbindungen nach Wien gebracht werden können (sprich: zum Beispiel Neuorganisation des Bahnhofsplatzes). Statt dessen wie immer seit mehr als 100 Jahren Keppeln gegen Wien: DAS Alleinstellungsmerkmal von rechten Christlichsozialen.

Dabei gäbe es auch in Mödling zumindest zwei Gebiete, in denen eine Parkraumbewirtschaftung der dortigen Wohnbevölkerung Erleichterung bringen könnte: das Areal um die HTL und die Schöffelstadt rund um das Landesklinikum. Vor allem rund um die HTL werden regelmäßig auch Hauseinfahrten von SchülerInnen zugeparkt, die offenbar im letzten Abdruck zur Schule kommen. Ganz so schlimm ist es rund um´s Spital nicht, aber für beide Stadtteile verunmöglicht der starke Parkplatzdruck das Setzen zusätzlicher Bäume, das Aufstellen von Bankerl´n, die Errichtung von Radwegen, weil einfach kein Platz da ist. Und – Logik der ÖVP – kein Parkplatz solchen Unnötigkeiten geopfert werden darf.

Was mich bei der Diskussion zur Parkraumbewirtschaftung schon ewig aufregt: in Wirklichkeit ist dieses völlige Abblocken der Bepreisung von Parkplätzen für private PKWs eine schreiende Ungerechtigkeit. Seit fast 30 Jahren verlangt die Stadt in Umsetzung der Bauordnung für jede neu errichtete Wohnung den Bau eines PKW-Stellplatzes. Wenn das ein Platz in einer Tiefgarage ist, bedeutet das zusätzliche Kosten von plus/minus €20.000,-. AutobesitzerInnen, die in älteren Wohnungen leben, haben sich diese Kosten erspart – ohne irgend eine spätere Kompensation. Im Gegenteil: die ÖVP verteidigt ihr Recht, öffentlichen Raum gratis zu nutzen, mit Zähnen und Klauen. (Versuchen Sie einmal, Ihren Kleiderkasten auf einen Parkplatz zu stellen; etwa, weil sie in der Wohnung keinen Platz mehr haben. Der Ruf nach einem Arzt wird das Mindeste sein, was Sie an Reaktion erwarten dürfen.)

Auch der Umgang mit dem ruhenden Verkehr ist eine Nagelprobe für verantwortungsvolle Stadtentwicklung. Bei einer ÖVP, wie der in Mödling regierenden, komplette Fehlanzeige. Das bedingungslose Verteidigen von Verhältnissen wie vor 50 Jahren wird den Herausforderungen unserer Zeit aber keineswegs gerecht. Und da gehört das Keppeln gegen die Hauptstadt dazu.

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