Verein zur Zeitgeschichte Mödling

15.September 2023 in gestern & heute, herausfordernd, interessant

Vor kurzem wurde in Mödling der „Verein zur Zeitgeschichte Mödling“ gegründet.

www.zeitgeschichtemoedling.at

In der Stadt wird seit einigen Jahren von vielen Bürger:innen daran gearbeitet, Abschnitte des 20. Jahrhunderts aufzuarbeiten, die dramatisch waren, aber in der Zeit danach scheinbar „in Vergessenheit“ geraten sind. In erster Linie waren das die Jahre der NS-Herrschaft mit ihren brutalen Wirkungen auf einen Teil der Bürger:innen der Stadt.

2003 wurden aus Mödling Vertriebene im Zuge eines „Reunion“-Projekts eingeladen. In diesen Tagen wurde das Denkmal für die Synagoge eingeweiht. Seit 2006 wurden bis heute 41 Stolpersteine für durch die Nazis Ermordete an ihren jeweils letzten Wohnorten gelegt. Seit Jahren finden Führungen in Mödling zu den Plätzen früherer Präsenz jüdischen Lebens durchgeführt, die sich großen Interesses erfreuen.

Für alle diese Aktivitäten soll der neue Verein ein organisatorisches und rechtliches Dach bieten.

Wobei der Verein ganz bewusst nicht als Gedenkverein aufgesetzt ist. Denn wir wollen uns nicht ausschließlich um die Zeit der NS-Diktatur annehmen, sondern darüber hinaus auch andere Aspekte der jüngeren Geschichte der Stadt erarbeiten. Tatsächlich hat die Nazi-Zeit, das Schicksal der Opfer und die Akzeptanz / die Mitwirkung der Bevölkerung bei Beraubung, Vertreibung und Ermordung der Nachbarn und das laute Schweigen nach Kriegsende natürlich einen ganz besonderen Stellenwert.

Der Verein soll dem Erfahrungsaustausch dienen, besseren Zugang zu Archiven schaffen, Möglichkeiten zur Veröffentlichung bieten und so allen Interessierten authentische und gut aufgearbeitete Sichten auf erst jüngst vergangene Zeiten und Ereignisse in der Stadt und deren Umgebung ermöglichen.

Der Verein nimmt auch Kontakt zu Organisationen mit ähnlichen Zielsetzungen auf und organisiert selbst Veranstaltungen bzw. bewirbt solche in anderen Gemeinden. Bis jetzt sind wir Mitglied im Verein Geschichte der Stadt Wien und im Gedenkverein Guntramsdorf.

Sämtliche Aktivitäten, Publikationen und Veranstaltungen werden regelmäßig per – elektronischem – RUNDBRIEF kommuniziert.

Wer Interesse hat: die Mitgliedschaft kann ganz einfach unter https://www.zeitgeschichtemoedling.at/verein/ beantragt werden.

Blick über den Freiheitsplatz (damals Adolf-Hitler-Platz) mit Markt und eingerüsteter Pestsäule Richtung Enzersdorfer Straße | {Sommer} 1939
c Stadtarchiv Mödling

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Im Wildnisgebiet Dürrenstein

10.Juni 2023 in GRÜN, interessant, konkret

Am 3. Juni haben die GRÜNEN einen Ausflug ins Wildnisgebiet Dürrenstein organisiert.

Wir konnten bei einer exklusiven, geführten Wanderung einen Teil des unberührten Waldgebiets kennen lernen und die wichtigsten Unterschiede zwischen einem natürlichen und einem Wirtschaftswald “live” erleben.

Es war ein sehr interessanter und eindrucksvoller Tag – und wichtig, wenn man die Chancen und Risiken der Waldbewirtschaftung auch angesichts der Klimakrise besser einschätzen will.

Aus Dokumentationen der Schutzgebietsverwaltung Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal:

Größter Urwaldrest des Alpenbogens

Das Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal bewahrt mit dem Urwald Rothwald den größten Urwaldrest des Alpenbogens. Es ist ein IUCN anerkanntes Schutzgebiet der Kategorie Kat. Ia + Ib und seit 2017 UNESCO-Weltnaturerbe. Mit seinen Natur­wäldern ist es ein wichtiger Baustein im Bestreben seltene Ökosysteme mit ihren Tier-, Pflanzen- und Pilzarten dauerhaft zu sichern.

Atemberaubend einmalig

In Mitteleuropa gibt es nur wenige Gebiete, die den Schutz naturbelassener Lebensräume dienen. Mit dem Urwald Rothwald beherbergt das Weltnaturerbe Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal den größten Zusammenhängenden Fichten-Tannen-Buchen-Urwald Mitteleuropas. Dieser Urwald wurde seit der letzten Eiszeit keiner forstlichen Nutzung unterzogen und ist das Ergebnis einer ungestörten, natürlichen Entwicklung. Er weist eine Artenvielfalt auf, die in unseren Wirtschaftswäldern nicht mehr zu finden ist. Besonders der Totholzreichtum und die mächtigen, alten Baumbestände des Wildnisgebietes bieten geeignete Lebensräume für einzigartige Flora und Fauna.

Lebewesen im Wildnisgebiet

Das UNESCO Weltnaturerbe Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal beherbergt eine Vielzahl an unterschiedlichsten Arten. Viele von ihnen sind vom Aussterben bedroht oder können nur mehr hier angetroffen werden.“

Tierwelt

Nahezu das gesamte nordalpine Artenspektrum ist vertreten. Neben typischen Arten wie Rothirsch, Gämse und Schneehase können auch Wildschweine beobachtet werden. Fallweise zieht auch ein Luchs durch. Charakterarten sind weiters der Bergmolch, der Alpensalamander, die Kreuzotter, der Steinadler und der seltene Weißrückenspecht.“

Pflanzen und Pilze

Die Wälder des Gebietes entsprechen der typischen Vegetation der Gebirge der nördlichen Kalkalpen. Den größten Teil nehmen Buchen-Tannen-Fichtenwälder ein. Die hohe Standortvielfalt des Gebietes bewirkt eine Aufgliederung dieser Wälder in dicht geschlossene, krautreiche und bodenfrische Bestände sowie in lichte, grasreiche und bodentrockene Hangwälder.“

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Angelobung der Frau Landeshauptmann

23.März 2023 in interessant

Heute wird (wurde) die neue NÖ Landesregierung angelobt.
Mit „normalen“ politischen Kriterien bewertet haben wir in Niederösterreich seit heute eine rechts-rechtsextreme Koalition am Ruder.

Das ist nicht nur schlimm, das ist eine Schande.

Dass der ÖVP die Rechtsextremen näher stehen als alles, was sie links von sich vermuten, ist (leider) bekannt, ist so etwas wie die politische DNA des politischen Katholizismus in Österreich.

Vor ziemlich genau 90 Jahren, am 4. März 1933 hat der damalige christlich-soziale Bundeskanzler Dollfuß, noch heute ein Held für die ÖVP, im Handstreich das Parlament ausgeschaltet und die Demokratie beseitigt. Die rechte Bundesregierung hatte ohnehin auch schon vor dem Putsch massiv gegen die SDAP und das Rote Wien agiert, ihren Todfeind. Aber nach 1933 existierten keine demokratischen Institutionen mehr, auch der VfGH war zur Untätigkeit verurteilt, also gab es keine Hemmungen mehr, gegen die Sozialdemokratie zu Feld zu ziehen, seit der letzten Wahl 1930 immerhin stärkste Partei im Nationalrat!

Genau in diesen Tagen 1933 wurde in Deutschland Hitler Reichskanzler. Dollfuß nutzte eine formale Panne in der Geschäftsordnung des Österreichischen Parlaments um sich als Mini-Hitler zum Diktator aufzuschwingen. Als die Einflussnahme aus Deutschland dann in den Jahren bis 1938 immer massiver wurde, gaben die Christlich-Sozialen letztlich lieber das Land preis, als mit den Sozialdemokrat:innen auch nur zu reden.

Ich weiß nicht, ob damals viele Leute so naiv waren, an das „christlichen“ Gewissen der „Schwarzen“ zu appellieren; heute tun das einige. Der christliche Charakter der katholischen Parteien hat aber tatsächlich eher alttestamentarische Dimensionen. Letztlich sind „die Roten“ für die ÖVP, wie zuvor für die Christlich-Sozialen Abschaum, G´sindel: „Marxisten“ halt, die den Bürger(lich)en Geld und Privilegien stehlen wollen. Was sie zusammenhält, ist der Wille, die gesellschaftliche Entwicklung aufzuhalten und – wenn sich die Gelegenheit bietet – sie zurückzudrängen. Diktator Dollfuß sprach damals davon, die letzten 150 Jahre der Geschichte rückgängig machen zu wollen, also die Entwicklung seit der Französischen Revolution, den Siegeszug der Aufklärung.

Viel wurde nach 1945 vom „Geist der Lagerstraße“ gesprochen, also von einer Änderung der Einstellung der Politiker:innen der beiden Großen Lager in dem Sinn, auf einander zuzugehen, Kompromisse zu suchen. Es hatte wirklich lange den Eindruck, dass sich das Klima zwischen links und rechts im Licht des Desasters der 30er-Jahre gebessert hätte. Ich bin mir jetzt nicht mehr so sicher: tatsächlich hatte die ÖVP kaum jemals eine praktikable Option, mit den Ex-Deutschnationalen, also der FPÖ gegen die Sozialdemokratie zu regieren – bis zu Schüssel. Die Bildung einer schwarz-blauen Regierung im Feber 2000 war damals „der“ Tabubruch seit dem Krieg, das Zusammengehen der katholischen ÖVP mit ganz rechts.

Seither hat sich die FPÖ immer weiter nach rechts entwickelt – und die ÖVP belohnt sie mit ungebrochenen Akzeptanz, ganz egal welche bis dahin Unsäglichkeiten damit zum common sense werden.

Der bis jetzt letzte Schritt in der Richtung ist die Koalition in St. Pölten. Viele Kommentator:innen konstatieren, dass sich die Niederösterreichische FPÖ schon fast unverhohlen als rechtsextrem gibt, die rechteste Landesgruppe in Österreich ist.

Die Alternative – eine Koalition mit der SPÖ – hat die ÖVP nach kurzem Geplänkel fallen lassen. Die Begründung war ziemlich hanebüchen: die Öffentlichkeit war nicht dabei, also weiß man nicht, was wirklich passiert ist. Vielleicht hat die SPÖ wirklich taktische Fehler bei den Verhandlungen gemacht. Aber die ÖVP-NÖ, die ohnehin nicht gewohnt ist, überhaupt verhandeln zu müssen, hat wieder eine Gelegenheit beim Schopf gepackt, sich von der demokratischen Mitte abzuwenden.

Viele werfen der ÖVP vor, ihre Wähler:innen verraten zu haben. Das ist nicht Ansatzpunkt meiner Kritik. (Die NÖN will gerade eine Zustimmung von 83% der ÖVP-Wähler:innen mit der Koalition herausgefunden haben. Q: NÖN 2023#12). Viele Leute wählen aus unterschiedlichen Gründen die FPÖ. Tatsache ist aber, dass durch dieses ständige Schielen auf Zusammenarbeit mit der FPÖ diese Partei in immer breiteren Kreisen der Bevölkerung ganz „normal“ wählbar wird. Dass die ÖVP durch das Zusammengehen mit den Freunden vom ganz rechten Rand selbst immer mehr ins autoritäre Fahrwasser abdriftet, ist dann nur noch eine logische Folge.

Ganz grundsätzlich: sich dabei immer auf die Entscheidung der Wähler:innen auszureden, ist an sich schon ein Armutszeugnis für eine politische Partei. Ich bin der Meinung, dass Parteien im Wettbewerb Perspektiven aufzeigen, den Wähler:innen auch Denkrichtung anbieten müssen – statt nur hinterherzuhecheln. (Darauf reden sie sich aus, machen sie aber eh nicht, denn letztlich bestärken sie die Wähler:innen natürlich mit ihren Koalitionsentscheidungen.)

Die ÖVP hat diese erneute Grenzüberschreitung jetzt in Niederösterreich versucht und ich habe keinen Zweifel, dass der Bund bei nächster Gelegenheit nachziehen wird. Vielleicht wird es ein außenpolitisch begründetes Feigenblatt geben mit einem Bundeskanzler, der nicht Kickl heisst. Aber vielleicht eh auch nicht.

Deshalb hoffe ich, dass die GRÜNEN bis zur letzten möglichen Sekunde in der Regierung bleiben, denn danach haben wir mit einiger Sicherheit schwarz-braun auch im Bund. (Nehammer hat das ja schon – kaum verhohlen – angekündigt.)

Was bleibt uns, die für einen stabiles, kooperatives, demokratisches politisches System stehen? Außer Verzweiflung…

Wir können hoffen, dass die FPÖ wieder ein Ibiza, eine Hypo Alpe Adria, Knittelfeld oder was immer produziert. Das wird ziemlich sicher eintreten, aber das kostet meist wahnsinnig viel Geld und ist so gar nicht nachhaltig. Gut, eine Wahl ist die FPÖ dann wieder unten. Aber diese Wähler vergessen schnell. (Eine Partei, die ihren Helden auch nach einem finanzielle Desaster in seinem Bundesland und einem „Abgang“ mit besoffenen 140km/h im Wohngebiet ungebrochen feiert, kann sich letztlich alles erlauben.)

Oder, alle, die an einer liberalen Demokratie westlichen Zuschnitts interessiert sind (ich schreib das einmal so schlagwortmäßig), werden sich der Dringlichkeit bewusst und arbeiten in den wichtigsten demokratiepolitischen Fragen zusammen. Ich glaub, die beiden vergangenen Präsidentschaftswahlen waren ein Gradmesser: eine – kleine – Mehrheit will eine offene Demokratie in Österreich, repräsentiert durch Alexander van der Bellen, der dafür – logischerweise – von der FPÖ massiv attackiert wird.

Wenn man jetzt nicht deutlich Flagge zeigt, wacht man möglicherweise in einer politischen Situation auf, die wieder keineR gewollt haben wird…

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29.1.2023 Landtagswahl

30.Januar 2023 in dramatisch, interessant, konkret, persönlich

Kann man sich als GRÜNER über +1% für die eigene Partei freuen?

Kann man sich als GRÜNER über den Absturz der allmächtigen ÖVP freuen?

Kann man sich als GRÜNER über eine jämmerliche SPÖ freuen?

Wenn gleichzeitig eine Partei, die überall sonst in Europa als rechtsradikal eingestuft würde, 1/4 der Stimmen bekommt?

Zur ÖVP

Ich sag nicht, dass die ÖVP für Niederösterreich alles falsch macht / gemacht hat. Kulturell hat sie (OK: Pröll) viel weiter gebracht in dem früher sehr provinziellen Bundesland, hat ein bissl Identität geschaffen und – ehrlich – auch in der Energieberatung / -politik ist einiges gelungen (viel zu wenig, wir wissen es, aber deutlich mehr als in anderen Bundesländern und mit der eNu gibt´s eine Organisation mit vielen guten Leuten, die über viel Know-How verfügen und das auch weiter geben).

Aber natürlich hat die ÖVP das Land Jahrzehnte als ihr Eigentum betrachtet. Jobs nur für die eigenen Leute, sowas gibt´s in Wien schon lange nicht mehr. Die Selbstherrlichkeit der Landespolitik bis hinunter in die Gemeinden ist einer modernen Demokratie schon lange nicht mehr würdig.

Und so hat auch die Wahlwerbung der ÖVP ausgesehen, eigentlich eine Anmaßung! Keine Spur, absolut keine Spur von irgendeiner inhaltlichen Festlegung, sondern nur „ich bin das Land“! / „wählt das Land“!
Auch von „ÖVP“ war auf den Wahlplakaten und -Foldern kaum etwas zu sehen.
„Gemeinsam“ für NÖ! Ausgerechnet die ÖVP für „gemeinsam“???

Bei der Art von Auftritt wurden die Wähler:innen im Unklaren gelassen, ob diese Partei für oder gegen Vermögenssteuern ist / für oder gegen Windräder / für oder gegen Zersiedelung oder what ever – nichts!
OK, man weiß, wie die ÖVP tickt und wohin sie politisch will (dass alles so bleibt und vor allem die ÖVP ihre Macht und Positionen behält): aber in der Wahlwerbung war nichts zu sehen oder zu hören!
Die ÖVP ist das Land. Und eine Stimme für die ÖVP ist eine Frage der Loyalität zum Bundesland. Gespenstisch!

Dass die ÖVP in einer Zeit, in der Skandale ohne Ende publik werden, ihre Hosen verliert, wäre eigentlich logisch, schon lange überfällig und nichts weniger als zu bejubeln.
Wenn, ja wenn!

Wenn vernünftige neue politische Kräfte entsprechend stärker würden, das Land öffnen und die versteinerten Strukturen aufbrechen könnten. Dann wäre der 29. Jänner ein guter Tag gewesen.

Die Sozialdemokraten

Aber so war es nicht. Die SPÖ hat mit einer Wahlwerbung ähnlich einem „Satireprojekt“ (Der Standard) vom Verlust der ÖVP nicht nur nicht profitiert, sondern selbst noch einmal epochal verloren! Das muss man sich einmal vorstellen: die ÖVP jammert (meiner Meinung nach zu Unrecht) über die Bürde, als Regierungspartei den Unmut der Menschen über die Pandemie, den Krieg und dessen (?) Folgen zu spüren zu bekommen. Aber die SPÖ? Die Genoss:innen sind seit Jahren in der Opposition und keppeln eh gegen alles und jedes. Aber eine politische Linie und Strategie? Fehlanzeige.
Gegen hohe Preise – das soll eine politische Forderung sein? Abgesehen davon, dass auch in Wien die Preise für Energie der kommunalen Versorger genau so steigen, wie überall sonst: wo werden Preise gemacht? Sind das politische Entscheidungen? Was würde passieren, wenn die SPÖ die Wahl gewonnen hätte (eh unmöglich): würden dann die Preise sinken? Oder war und ist diese Forderung eine Verarschung der Bevölkerung, weil ohnehin nicht umsetzbar? Was wird die SPÖ das nächste Mal plakatieren? Besseres Wetter? Natürlich ist die Preissteigerung ein drängendes Problem und wer sonst, als eine Partei, die die soziale Frage auf ihren Fahnen stehen hat, muss sich darum kümmern? Aber da geht´s um Abfedern der Teuerung / um Steuerfragen / um Umverteilung (!!!). Aber nein: sie fordern, dass die Preise wieder sinken sollen. Ja eh, aber das glaubt ja genau niemand, dass das die SPÖ erreichen könnte.

Die Kleinen

Ich hatte gehofft, das die NEOS vom Desaster der ÖVP profitieren könnten, dass die sog. Liberalen aus der ÖVP (was immer das in Österreich und insbesondere in der ÖVP sein mag) zu den NEOS abwandern. Dass ein bissl mehr geistige Offenheit und der Ruf nach Transparenz für aufgeklärte, bürgerlich denkende Menschen attraktiv wären. Leider nein.

Und die GRÜNEN? Gut, ein bissl gewonnen und wieder so stark, wie vor 10 Jahren. Eh. Und viele haben sich sehr engagiert. Aber haben wir nicht gesagt, dass das die letzte Wahl ist, wo man noch etwas gegen die Klimakatastrophe machen kann? Was werden wir in 5, was in 10 Jahren propagieren? Offenbar ist das für viele Leute schon langweilig! Und die Jungen wählen die FPÖ…
Für unsere Ansprüche und unsere Verantwortung muss dieses Wahlergebnis zu wenig sein!

Und die „Freiheit“lichen

Und so muss man an diesem Tag ein demokratiepolitisches Desaster zur Kenntnis nehmen: fast alles, was ÖVP (und SPÖ) verlieren, geht zur FPÖ! Zu einer Partei, die am äußerst rechten Rand des politischen Spektrums steht. So wie sich Kickl bei den Corona-Schwurbler-Demos aufgeführt hat, hatten ja manche schon gedacht, dass er sich endgültig ins politische Abseits gedribbelt hat. Dabei rede ich noch gar nicht von den unzähligen Korruptions-Skandalen, für die FPÖ-Politiker:innen verantwortlich waren, von Ibiza (!) und gerade in Niederösterreich von der „Arbeit“ des Landesrats von ÖVPs Gnaden, Waldhäusl, den „Hanni“ bei der unerträglichen Podiumsdiskussion ein paar Tage vor der Wahl ausdrücklich gelobt hat.
Alles vergessen? Oder egal? Gewählt wurde von 1/4 der Wähler:innen die Partei der Schwurbler, der Putin-Versteher, der ungenierten Korruption und eine Partei, die beim Appell des Bundepräsidenten für die Wahrung der Menschenrechte und zum „niemals vergessen!“ sitzen bleibt und demonstrativ nicht applaudiert.

Aber egal, wie unerträglich diese Partei auch sein mag: ÖVP und SPÖ umwerben sie und kommen ihr immer wieder und immer weiter entgegen. DAS ist der Grund für diesen schwer zu ertragenden Trend nach ganz rechts in Österreich: dass keine klaren Linien gezogen werden, dass Positionen hoffähig werden, die noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen wären und dass eine Partei als „normal“ im politischen Diskurs behandelt wird, die nicht „normal“ ist, sondern das Land und die Demokratie umdrehen will. Wenn ein ÖVP-Innenminister ohne Zwang die Menschenrechtskonvention in Frage stellt, dann ist das 1. ein Zeichen für den Zustand der ÖVP und 2. ein Steilpass für Rechtsaussen. Dass Leute wie Schlögl seitens der SPÖ bejammern, dass die SPÖ ausgegrenzt würde (wo eigentlich?), ist ein weiterer Jammer und eine Ursache für die immer weitere Akzeptanz der FPÖ. Haben diese Berufs-Politiker:innen von SPÖVP noch immer nicht genug von ihren politischen Taktik-Spielchen, bei denen es nur darum geht, am nächsten Tag irgend einen minimalen Vorteil für sich und seine Partei herauszuholen? Ganz egal, was das längerfristig und für den politischen Zustand des Landes bedeutet?

Die politische Lage in diesem Land ist seit gestern wieder ein Stück schrecklicher und beängstigender.
Ich muss ehrlich sagen: ich fürchte mich ein bisschen…

Das alles ist ziemlich pessimistisch. Aber heute fällt mir – auch für mich selbst – keine positive Perspektive ein.

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Silvester 2023: positive Signale - Symbol für´s Neue Jahr?

2.Januar 2023 in GRÜN, interessant

Bissl gequält nach dem Müllsammeln
c Christian Bauer

Jedes Jahr wieder laden die GRÜNEN Mödling zum Silvester-Müll-Sammeln am Eichkogel ein.
Es ist ein nettes Ritual: Auslüften nach einer vielleicht langen Nacht, Treffen mit Freundinnen und Freuden – und Aufräumen im Naturschutzgebiet.

Heuer war das Wetter noch dazu sehr schön: warm und sonnig.

Es ist doch wieder ganz schön (?) viel zusammen gekommen.
c Christian Bauer
Der heisse Tee war bei dem warmen Wetter nicht essenziell, aber doch fein.
c Christian Bauer

Seit Jahren bemerken wir bei der Aktion einen Rückgang von echtem Silvestermüll (Raketen, Böllerreste, Sekt-/Champagnerflaschen). OK, immer noch zu viel, aber offenbar denken manche Leute doch ein bissl, und sei´s auch nur an ihr Geldbörsel. Und so sammeln wir an dem Tag auch viel, was in den vergangenen Monaten achtlos in der Landschaft „entsorgt“ wurde (der Anteil von Red-Bull-Dosen ist beachtlich…).

c Christian Bauer

Denn, was die Kracherei neben dem Müll auch in die Welt setzt, ist Angst bei Tieren (sicher nicht nur bei den Haustieren, sondern auch bei Reh und Wildschwein) und vor allem Feinstaub!

Jedes Jahr explodieren die Feinstaub-Werte in der Silvesternacht 🙁
c Umweltbundesamt 2.1.2023

Aber auch da ist die Tendenz eigentlich erfreulich. Vor 10 Jahren waren die Werte noch viel dramatischer.

Problem am Rande: der Parkplatz am Haus an der Weinstraße war am 1. Jänner mit Gittern abgesperrt. Für Spaziergänger*innen ist das nicht schön. OK: der Parkplatz ist Privatgrund, aber an dem Tag war nicht einmal das Lokal geöffnet. Das ist keine gute Idee 🙁

Die Straße neben dem geschlossenen Parkplatz war entsprechend verparkt (obwohl: Halteverbot…).

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Endlich: Radweg entlang der B11

17.Juli 2022 in einfach nur schön, herausfordernd, interessant, konkret

Geredet haben wir eine halbe Ewigkeit. Und mit „wir“ meine ich die GRÜNEN, die Radlobby und viele Freund*innen des Radfahrens. Seit kurzem ist der neue Radweg fertig und wurde am vergangenen Sonntag (10. Juli) eröffnet.

Der neue Radweg entlang der B11

Es geht um eine Strecke von 5 km über den Gaadner Berg.

Und es war ein glücklicher Umstand, der letztlich zu diesem Radweg führte. Seit dem Ausbau der B11 führten 3 KfZ-Spuren über den Gaadner Berg: bergauf jeweils 2 Spuren, bergab eine. (Der Grund liegt in der Zeit vor dem Bau der A21, der Außenring-Autobahn. Damals fuhren die LKWs auf der B11 und die doppelten Spuren bergauf dienten zum Überholen.)

Vor ein paar Jahren stand eine Erneuerung der Fahrbahn an und man entschloss sich, diedrei Fahrbahnen auf zwei zu reduzieren. Das Land reduziert seit einiger Zeit die Breiten der Bundes- und Landesstraßen, aber primär nicht zur Verringerung der Geschwindigkeit, sondern um Kosten (Errichtung, Erhaltung, Winterdienst) zu sparen.

Früher führten 3 Fahrspuren über den Berg

Die Idee entstand in der Landesstraßenverwaltung, einen Teil der aufgelassenen Fahrbahn für einen Radweg zu nutzen. Das wurde auf der Seite nach Heiligenkreuz schon im vergangenen Jahr umgesetzt. Ein bisserl komplizierter war der Gaadener Teil unterhalb der Steigung, dort, wo die Überholspur zu Ende war. Dort gab es keine dritte Spur, die man nutzen konnte und obendrein fällt das Gelände in diesem Abschnitt neben der B11 ziemlich steil ab. Aber nach längerer Planung und mit der Zusage einer komfortablen Förderung seitens des Landes wurde auch dafür eine Lösung gefunden, für die leider eine ganze Mange Bäume gefällt werden mussten. (Ich bin mir nicht sicher, aber das Ausmaß der Schlägerungen wirklich nötig war, aber das ist eine andere Frage.)

Die Einbindung in Heiligenkreuz ist sehr gut gelöst: man kommt vom Klosterparkplatz direkt auf den kombinierten Geh-/Radweg.

In Gaaden endet der Radweg leider beim Biotop und damit unmittelbar bei der Ortsgrenze.

Die Pominenz bei der Eröffnung
Die GRÜNEN bei der Eröffnung (Matthäus Schwalm, Heiligenkreuz; Elisabeth Chiba, Gaaden, der „Autor“, Mödling; Margot Schlegl, Heiligenkreuz)

Und so schaut der Radweg aus:

Von Heiligenkreuz in Richtung Gaaden bergauf: super!
Auf der Kuppe (links der Autobahnzubringer)
Radfahrer aus Richtung Gaaden
(Blick zurück in Richtung Kuppe) Rennradfahrer in Richtung Gaaden bergab auf der Fahrbahn
(Blick zurück in Richtung Kuppe) Radfahrerin mit Anhänger, dahinter Kind in Richtung Gaaden bergab
Verschwenk in Richtung Gaaden, weg von der Fahrbahn und unter dem Fahnbahnniveau weiter zum Biotop
Und hier ist leider Schluß mit lustig: Ende des Radwegs

Mein Eindruck vom Radweg:

*) Gut und wichtig (s. unten)
*) Bergauf ist man weg von den Autos, die hier ziemlich schnell fahren. Damit ist dieser Weg auch problemlos mit Kindern zu nutzen.
*) Ein Problem ist das Bergab-Fahren, insbesondere von schnellen Radfahrer*innen: wenn jemand bergab am Radweg und das wahrscheinlich relativ schnell fährt, ist das ein ziemlich großes Risiko, denn dafür ist der Radweg zu schmal. Als Erwachsener mit einem entsprechenden Rad sollte man auf der Fahrbahn bergab fahren! Dazu nötig ist, den Radweg mit eckigen Verkehrszeichen zu versehen (die Verkehrszeichen fehlen noch). Ich hoffe, die BH denkt so wie ich.
*) Schade ist das Ende des Radwegs in Gaaden. Und meines Wissens gibt es da auch keine Pläne zur Verlängerung.

Was nötig wäre:

*) Die Verlängerung in Richtung Mödling.
Gaaden hat sich mit der Hinterbühl auf eine Lösung für den Abschnitt von der Höldrichsmühle bis zum Ortseingang Gaaden (aus Blickrichtung von Mödling aus) geeinigt, die 2023 umgesetzt werden soll. Aber durch die Gemeinde Gaaden gibt es keine passende Lösung.

Das ist schade, denn das ist das letzte fehlende Stück auf einem Dreieckskurs, der touristisch sehr interessant wäre: Mödling – Baden – Heiligenkreuz.

Die „Wienerwald-Runde“

Die Verbindung zwischen Baden und Heiligenkreuz ist fertig, zwischen Baden und Mödling gibt es 2 Varianten (Weingartenradweg oder Wiener-Neustädter-Kanal). Jetzt gibt es den Abschnitt Heiligenkreuz bis Gaaden und 2023 von Gaaden nach Hinterbrühl (und damit bis Mödling auf Radwegen).

Diese Runde wäre 41km lang mit einer Höhendifferenz von 247m.

Mit den drei Eckpunkten wären eine ganze Reihe von attraktiven touristischen Zielen verbunden. Landschaftlich sind das Helenental, die Klausen, die Weinberge große Attraktionen.

Über Baden und Mödling sind die Einstiege in die Runde bequem aus Wien (oder Wr. Neustadt) mit der Bahn erreichbar.

Und entlang der Runde besteht eine (fast) lückenlose gastronomische Infrastruktur und auch Übernachtungsmöglichkeiten stehen zur Verfügung.

Sie wäre perfekt, diese Runde. Nur Gaaden fehlt noch…

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Dänemark: Eindrücke von ökologischem Fortschritt

15.Juli 2022 in erfreulich, interessant, konkret

2022 drei Wochen Urlaub in Dänemark.

Wunderschön und zu Unrecht aus österreichischer Sicht völlig im Abseits.
Schöne Landschaft, vor allem an der Küste, nette Städte, innovative Architektur, vorbildliche Klimapolitik…

Hier ein paar wenige, sehr subjektive und natürlich nicht repräsentative Beispiele.

Vor allem für einen Aspekt ist Dänemark bekannt: für die vielen Radfahrer*innen.

Auch als Tourist bekommt man ein bißchen davon mit (wenn man halt ein bissl drauf schaut):

In der Großstadt Kopenhagen sehr breite Radwege mit klar sichtbaren Symbolen. (Im Gegensatz zu Amsterdam, etwa, sind die Bereiche für Fußgänger- und Radfahrer*innen klar getrennt.)

Auch auf den kleinsten Schiffen (hier ein Schiffs-Bus in Kopenhagen) ist Platz für Fahrräder.

Phantastisch: in kleineren Orten und schwach besiedelten Gebieten mit wenig PKW-Verkehr findet man oft diese Art von Mehrzweckfahrbahnen: nur eine Spur „Kernfahrbahn“ für beide Richtungen. Wenn ein PKW entgegen kommt und der Radstreifen frei ist, weichen die Autos auf die Radstreifen aus. Dadurch ergeben sich zwei sehr komfortable, breite Radstreifen. Und das ganze auch in 50km/h-Zonen.

Entlang von Landstraßen gibt es viele sehr komfortable Radwege.

Aber merkwürdig: überall (!) in Dänemark diese Felgenmörder und kaum vernünftige Anlehnbügel.
Gegen diese „Radständer“ protestiert die Radlobby in Österreich zu Recht und lautstark.

Im Vergleich dazu der Radparkplatz beim Stadion in Kiel (Heimstatt von Holstein Kiel, Mannschaft der 2. deutschen Bundesliga)

Ein Beispiel für Innovation: hier ein Blick in der neuen METRO in Kopenhagen – in Fahrtrichtung. Richtig: kein Fahrer (und auch keine Fahrerin…).

Kopenhagen – ohne Worte…

KLIMAKTORIUM: in Lemvig, einer Kleinstadt an der Westküste steht ein Informationszentrum zum Klimaschutz mit viel – auch interaktiv angebotenen – Informationen über die Bedeutung und die Maßnahmen in der Region. Für Schulen, für die lokale Bevölkerung – und für Touristen, wenn´s grad regent.

Im Schifffahrtsmuseum in Esbjerg, dem größten Hafen der Westküste: Modell eines Schiffes, das Windräder offshore errichtet. Dänemark ist bei der Errichtung und dem Betrieb von Offshore-Windparks weltweit führend.

Die internationale Schule in Kopenhagen. Die Kachel an der Außenwand sind photosensitiv und erzeugen 50% des von der Schule benötigten Stroms – in der Jahresbilanz!

Zum Teil tolle Architektur. Hier die neue Deutsche Botschaft im Nordhaven, einem Stadtentwicklungsgebiet, das an Stelle von alten Hafenanlagen und auch durch Aufschüttung mittels des Aushubs der 2020 eröffneten METRO entsteht.

Beeindruckende Beispiele für gelungene Fassadenbegrünung.

Und immer wieder moderne Architektur…

Aber neben Innovativem, Modernem, Fortschrittlichem: an der Küste stehen alle paar hundert Meter die Betonbunker, mit denen ein Verbrecherregime vor 80 Jahren versuchte, seine Macht abzusichern.
(Unfassbare Energieverschwendung: von der Grenze Frankreichs zu Spanien die gesamte Nordseeküste und in Dänemark auch entlang der Ostsee abertausende Betonmonster…)

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STOLPERSTEINE gegen das VERGESSEN - neue Steine 29. April 2022

29.April 2022 in gestern & heute, interessant

BM Hans Stefan Hintner, Gerhard Wannenmacher, StR Stephan Schimanowa, GR.in Barbara Kreuzer bei den Stolpersteinen für David und Johanna Rosenfeld

Heute, am 29. April 2022 wurden durch zwei Mitarbeiter des Bauhofs der Stadt neun weitere Stolpersteine in Mödling verlegt.

Jakob und Gisela Hansel in der Ungargasse 24
Maximilian und Irma Hecht in der Meranergasse 2
Siegfried Kohn in der Hauptstraße 62
David und Johanna Rosenfeld in der Babenbergergasse 5
Charlotte Sensky in der Schillerstraße 54
Josefine Wolfsholz in der Payergasse 28

Es gibt eine umfangreiche Dokumentation über alle Mödlinger*innen, für die Stolpersteine in den Straßen der Stadt liegen: www.moedling.at/stolpersteine

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STOLPERSTEINE gegen das VERGESSEN: die ersten Steine in Mödling

27.April 2022 in interessant

Am 25. Juni 2004 wurde im Mödlinger Gemeinderat – auf Antrag von Stadtrat Mag. Berhard Knipel (ÖVP) – einstimmig beschlossen, „die Aktion Stolpersteine des Kölner Künstlers Gunter Demnig (…) durchzuführen und (…) zu gestatten, die entsprechenden Stolpersteine im Gehsteig vor den Wohnhäusern der Opfer einzusetzen“.

Zu diesem Zeitpunkt lagen in Österreich erst 3 Stolpersteine – seit 1997 – in St. Georgen (Salzburg), seit damals aber keine weiteren und somit auch in Niederösterreich keine.

Mödling war damit also Pionier in Sachen Gedenkkultur.

Zuerst musste jedoch recherchiert werden: durch die Arbeit des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstands (DÖW) und des Archivs von Yad Vashem in Jerusalem (was die jüdischen Opfer betrifft) ist gut dokumentiert, wer während der Nazi-Herrschaft ermordet worden war.
Weniger klar waren die Lebensumstände und auch der letzte freiwillige Wohnort der Opfer. Gerade letzteres ist aber für das Verlegen der Stolpersteine essenziell.
Ein Meldewesen wie heute bestand vor 1938 nicht, zudem sind viele Unterlagen gerade auch in den letzten Kriegstagen verloren gegangen oder vernichtet worden. Eine besondere Schwierigkeit war die Eingemeindung von Mödling nach Groß-Wien im Herbst 1938, wodurch Aufzeichnungen transferiert und 1954 nicht wieder zurückgestellt worden waren.

Es war also einige Arbeit, um am 14. August 2006 dann endlich die ersten 14 Stolpersteine verlegen zu können.

Das mediale Echo war enorm: der ORF brachte einen Bericht sogar in der ZIB1 (2006 war das bedeutend!).

Der Standard, 11. August 2006
Gunter Demnig mit – im Uhrzeigersinn – Mag. Fastenbauer (IKG Wien), Gerhard Wannenmacher, Peter Gieler (Verwandter von Familie Kohn, für die an dem Tag 3 Stolpersteine verlegt wurden), Pfarrer Josef Denkmayr, SR Hilda Daurer (vom Orden der Hartmann-Schwesters, dem auch SR Restituta / Helene Kafka angehörte), Pfarrer Klaus Heine, StR Bernhard Knipel, StR Stefan Schimanowa und Bürgermeister Hans Stefan Hintner (damals auch Abg. z. NÖ Landtag).

Am Abend des Tags der Verlegung dieser ersten Stolpersteine fand im Festsaal des Landeskrankenhauses eine Veranstaltung zur Erinnerung an die Opfer der Nazi-Diktatur statt.

Mag. Fastenbauer, der damalige Generalsekretär der IKG-Wien

Den 14 Stolpersteinen 2006 folgten 8 weitere 2007 und 9 weitere im Jahr 2011.

Während dieser 5 Jahre machte das Beispiel Mödling auch in anderen Städten in Österreich „Schule“, wobei wir in Niederösterreich bei der Gründung der Projektgruppen in Wr. Neustadt und in Neunkirchen mit unseren Erfahrungen ein bisschen helfen durften.

Insgesamt hat Gunter Demnig bis Ende 2021 rd. 75.000 Stolpersteine zum überwiegenden Teil selbst verlegt. Und auch die Steine selbst werden sämtlich händisch gefertigt. Auch das ist dem Künstler ein wichtiges Anliegen: Die einzelne, händische Fertigung jedes einzelnen Stolpersteins ist ein Akt des persönlichen Respekts jedem einzelnen Opfer gegenüber.

Zum Projekt an Ganzem gibt es eine große Zahl an Dokumentationen.
Hier die URL der Original-Seite: https://www.stolpersteine.eu/. Und auch in Wikipedia kann man über das Projekt nachlesen.

In vielen Orten in Europa sind Stolpersteine mittlerweile oft zu sehen: hier 2 Steine in Berlin. Ich finde, dass jeder einzelne Stein ein kleiner Teil in einem Gesamtprojekt ist. Deshalb bin ich froh und finde es nach wie vor richtig, dass wir Teil des Werks von Gunter Demnig sind (auch wenn die Herstellung der Gedenksteine bei anderen „Lieferanten“ vielleicht billiger wäre – wie in Wien oder St. Pölten).

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STOLPERSTEINE gegen das VERGESSEN (Vorgeschichte)

24.April 2022 in interessant

Am Freitag, 29. April werden / wurden in Mödling weitere 9 Stolpersteine für von den Nazis ermordete Mödlinger*innen gelegt.

Stolpersteine werden in Mödling seit 2006 verlegt. Mit den neuen werden dann insgesamt 41 Stolpersteine in den Straßen der Stadt liegen.

„Stolpersteine“ sind ein Projekt des deutschen Künstlers Gunter Gemnig. Demnig beteiligte sich bzw. initiierte schon früh diverse politische Kunstprojekte: so zog er in den 70er-Jahren mit einer Markiermaschine, die wir von den Tennisplätzen kennen, eine weiße Linie zwischen Berlin und Paris als Zeichen der Verbindung der Haupstädte der beiden Länder, deren Kriege in den vergangenen 150 Jahren Millionen Tote in Europa verursacht haben.

Ende der 90er-Jahre wurde Demnig aber vor allem mit den „Stolpersteinen“ bekannt. Messingplatten verlegt an den letzten freiwilligen Wohnorten von Opfern der Nazi-Herrschaft sollen den Opfern ihren persönlichen Platz wiedergeben. Die Erinnerung findet nicht (nur) in der Erwähnung in einer geschriebenen Dokumentation oder einem zentralen Denkmal statt, sondern dort, wo die Menschen tatsächlich gelebt haben. „Stolpern“ soll man nicht physisch (die Stolpersteine sind plan verlegt), sondern gedanklich. Die Stolpersteine in den Gassen der Orte sollen auch deutlich machen, dass es um Menschen geht, die Tür an Tür mit ihren wegschauenden Nachbarn gelebt haben – und von einem Tag auf den anderen nicht mehr da waren.
Bis heute sind rd. 75.000 Stolpersteine in all den Ländern verlegt worden, in denen die Chergen der Nazis Menschen aus politischen und rassischen Gründen ermordeten. Die Stolpersteine sind somit als Netzwerk das größte – dezentrale – Mahnmal der Erde.

Mödling hatte 1938 eine kleine, aber nicht unbedeutende jüdische Gemeinde. In der Kultusgemeinde eingetragen waren ca. 350 Personen, in der Enzersdorferstraße stand eine repräsentative Synagoge, Juden beteiligten sich am Leben der Stadt – und angrenzend an den Friedhof der Stadt am Abhang des Eichkogels lag (und liegt heute noch) der jüdische Friedhof.

Nach 1945 waren keine Juden mehr in Mödling – und es wurde Jahrzehnte nicht über die geredet, die bis kurz davor noch als Arzt, Rechtsanwalt oder Geschäftsinhaber allgegenwärtig waren. Die Reste der Synagoge standen noch – überwuchert hinter einer Plakatwand. Der jüdische Friedhof wurde nicht mehr genutzt und zunehmend von Lianen und Knöterich in Beschlag genommen.

Ein Teil Lebens der Stadt war wie vom Erdboden verschwunden.

Bis in der 80er-Jahren drei Historiker aus Leidenschaft das Leben der Juden in Mödling zu rekonstruieren begannen: Roland Burger, Franz Rinner und Franz Strobl. Das Ergebnis ihrer Arbeiten veröffentlichten sie 1988 im Buch „AUSGELÖSCHT“ in der Edition umbruch, einem Mitte der 80er-Jahre gegründeten Mödlinger Autorenverlag.

Es war wohl die Initialzündung für eine schrittweise Befassung von zuerst wenigen Interessierten in der Stadt mit dem Schicksal der jüdischen Gemeinde und ihrer Mitglieder.

Auch im Gemeinderat war damals noch das provinziell-dumpfe Denken vorherrschend, das nichts von der eigenen Geschichte wissen wollte. Ein Vizebürgermeister der damaligen Zeit „zeichnete sich“ nicht nur durch die Suche nach Quellwasser, sondern auch immer noch durch seinen Fundus an Juden-Witzen „aus“. Und so lief auch die Diskussion im Gemeinderat anlässlich einer geplanten Ehrung für den Mödlinger Albert Drach 1991 nach dessen Ehrung mit dem Büchner-Preis. Aber letztlich wurde Drach – trotz Widerstands (!) – geehrt und auch unter den Gemeinderät*innen wollten sich einige nicht mehr länger mit dem „blinden Fleck“ in der Geschichte abfinden.

Es war der Initiative der Gemeinderätin Sylvia Unterrader und des jungen Stadtrats Bernhard Knipel zu verdanken, dass um die Jahrtausendwende die Idee eines würdigen Mahnmals für die zerstörte Synagoge und für ein Zusammenkommen mit aus Mödling Vertriebenen Gestalt annahm.

Im Herbst, anlässlich der 1.100-Jahrfeier der erstmaligen Erwähnung von Mödling wurde knapp neben dem früheren Platz der Synagoge in der Enzerdorferstraße ein Denkmal eingeweiht und wurden aus diesem Anlass ehemalige Mödlinger Familien zu einer „Reunion“ eingeladen. Zu der Zeit hatte sich eine Gruppe gebildet, die die Veranstaltung vorbereitet, die Gäste während ihres Aufenthalts betreut und in Folge versucht haben, die Kontakte aufrecht zu erhalten.

Empfang in der Hofburg

Die Gruppe, die das Reunion-Treffen begleitete war in Folge Kern bei den ersten Schritten auf der Suche nach Spuren von ermordeten Mödlinger*innen. Diskutiert wurde auch die Frage, in welcher Form ein würdiges Gedenken an diese Opfer in der Stadt möglich wäre. Berhard Knipel, der aus privaten Gründen bereits knapp vor seiner Übersiedlung nach Köln stand, hatte dort die ersten Stolpersteine von Gunter Demnig gesehen und uns in Mödling Gebliebene mit dem Projekt bekannt gemacht. Und wir fanden die Idee gut…

(Fortsetzung in meinem BLOG).

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